Schlagwort: Crossmedia

  • Videojournalismus – Systematik und Anwendung (Teil 1)

    Videojournalismus – Systematik und Anwendung (Teil 1)

    Tatsächlich handelte es sich aber um meinen ersten Kontakt mit einer Videojournalistin. Einer Videojournalistin, die für einen New Yorker Lokalfernsehsender ein Interview und einen Bericht produ- zierte. Nach dem Gespräch stieg sie in ihr Auto und fuhr in Richtung Sender, wo sie ihre Aufnahmen wahrscheinlich selbst geschnitten hat.

    Ein Jahr später startete Sony eine videotechnische Revolution, deren Folgen damals wohl die wenigsten absehen konnten: Auf dem Markt erschien ein digitaler Camcorder im miniDV-Format und ein dazu passender DV-Recorder. Zwar wurde Videomaterial immer noch auf Band aufgezeichnet, aber nicht mehr als analoge, sondern digitale Information.

    Zunächst richtete sich die neue Technologie an ambitionierte Hobbyfilmer, aber die in diesem Preissegment vollkommen neue Qualität begeisterte schnell auch Profis. Es war einfach eine Frage der sinnvollen Investition – warum sollte sich ein Industriefilmer eine professionelle Videokamera für mehrere zehntausend Mark kaufen, wenn er für 7000 Mark eine faktisch genauso brauchbare Kamera be- kam, die auch noch leichter und handlicher war?

    vj-camcorder
    Ein Camcorder

    Erstmals ließ sich Videomaterial verlust- und fehlerfrei kopieren und verarbeiten. Ein weiterer Vorteil des digitalen Videosignals be- stand in der Möglichkeit, Video- und Audiodaten direkt via Firewire (bzw. iLink)-Schnittstelle in Echtzeit auf eine Computerfestplatte zu übertragen. Das war zwar mit analogem Videomaterial prinzipiell auch möglich, allerdings brauchte es dazu vergleichsweise teure Videokarten, die in die Computer gebaut wurden und die passenden Anschlüsse zur Verfügung stellten. Dazu waren vorher im Semi-Profi- Segment nicht nur ein, sondern mindestens drei Anschlusskabel nötig (Videoverbindung, 2 Audioverbindungen für Stereoton und evtl. noch ein „Steuerkabel“ für die Kamera). Professionelle Lösungen für den Anschluss analoger Betacam-Camcorder (im Bereich der Fern- seh- und gehobenen Industriefilmproduktion) bedienten sich damals noch aufwendigerer Lösungen, beispielsweise Videokarten, die als „virtuelle Videorecorder“ mit eigenen Prozessoren fungierten und somit schon einen guten Arbeitsablauf ermöglichten.

    Es dauerte nicht lange und in den Außenstudios der öffentlich- rechtlichen Fernsehanstalten fanden sich die hochwertigen „Ama- teurcamcorder“ als so genannte „Reporterkameras“ wieder, die vor allem dann eingesetzt werden sollten, wenn aus organisatorischen Gründen kein ganzes Kamerateam zur Verfügung stand, sondern statt dessen der Reporter allein zu einem Termin ging, um „ein paar Bilder“ zu machen. Außenreporter mit Camcorder waren dabei oft vom Hörfunk, weil dieser Bereich über ein breiteres Korrespondentennetz verfügt.

    Viele dieser Bilder schafften es immer häufiger sogar in die Tages- schau, auch wenn man als „Videoreporter“ von den „Kollegen“ mit einer kleinen Kamera bei gut besuchten Presseterminen oftmals nicht ernst genommen wurde. [demnächst mehr …]

     

    Ausschnitt aus einem Beitrag von Malte Burdekat in: Hooffacker, Gabriele (Hg.): Journalismus lehren, München 2010

     

  • Crossmedia – Wer bleibt auf der Strecke? (Teil 1/9)

    Crossmedia – Wer bleibt auf der Strecke? (Teil 1/9)

    Historisch folgen auf Flugschriften, Zeitungen und Radio das Fernsehen und das Internet. „Allen diesen Medien ist gemeinsam, dass sie Informationen speichern und übertragen, bewahren und vermitteln, und zwar über räumliche und zeitliche Distanz hinweg.“ (Neumann-Braun / Müller-Doohm 2000: 30) Das Internet scheint seinen „Vorgänger“ TV inzwischen endgültig abgelöst zu haben. Aber: Ist es wirklich so einfach? Das Fernsehen versucht sich ins Web 2.0 hinüberzuretten, begibt sich mehr und mehr in eine Co-Existenz mit aufwendigen Mediatheken, um auf die Zuschauer zeit- und ortsunabhängig zugreifen zu können. Mit Digitalisierung und einer deutlich höheren technischen Bildauflösung versucht das „alte“ Massenmedium TV, seine Attraktivität zu steigern und muss zugleich erkennen, dass es bei mancher Telefongesellschaft inzwischen gleichsam ein „Nebenangebot“ zum Internetanschluss geworden ist. Die Produzenten von Unterhaltungselektronik bieten Fernsehgeräte an, die zusätzlich einen einfachen Zugang zum Internet ermöglichen sollen. Die Menschen in den Medien sind inzwischen Produzenten von Inhalten, die zeitgleich in möglichst viele Kanäle gebracht werden. Unter Umständen hat jedoch ein Amateurvideo auf dem Internetportal „YouTube“ gleichzeitig wesentlich mehr Zuschauer als ein Fernsehbeitrag zum gleichen Thema. Im Internetzeitalter wird der Zuschauer zum Programmdirektor, muss sich – bewusst oder von Suchmaschinen geleitet – entscheiden, welchen Inhalt er rezipieren will. In diesem Sinne ist das Internet mehr als nur ein einziges Massenmedium. Kann angesichts dieser technologischen, inhaltlichen und arbeitssoziologisch relevanten Veränderungen noch von einem Leitmedium gesprochen werden? Kann das Medium selbst noch Teil der Botschaft sein, wenn der Wechsel von einem Medium zum anderen gar nicht mehr wahrgenommen wird? Welche Auswirkungen hat es, wenn eine Gesellschaft sich in immer mehr Medienszenen ausdifferenziert?

    Auf der Suche nach dem Leitmedium – die Route wird berechnet

    Der Begriff des Leitmediums ist inzwischen derart aus der Mode gekommen, dass eine erste Assoziation bestenfalls an Navigationsgeräte für das Auto denken lassen könnte. Das Leitmedium ist eine nicht eindeutig definierte Begriffshülle, die unter dem Begriff „Navigationssystem“ eine große Menge unterschiedlicher Aspekte einschließt.

    Das Befassen mit dem Phänomen Navigation lässt zwei Rückschlüsse zu:

    1. Menschen haben ein Bedürfnis, sich zu orientieren.

    2. Es ist nicht einfach zu analysieren, woran genau sich Menschen orientieren.

    Diese beiden Gedanken werden uns weiterhin auf der Suche nach dem Leitmedium im crossmedialen Zeitalter begleiten.

    [demnächst mehr …]

     

    Ausschnitt aus einem Beitrag von Malte Burdekat in: Hohlfeld, Ralf u.a. (Hg.): Crossmedia – Wer bleibt auf der Strecke?, Berlin, 2010